Vorstellung

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Xenolimb
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Vorstellung

Beitrag: # 21040Beitrag Xenolimb »

Hallo, bin neu hier.

Eine kurze Vorstellung: >50, männlich

Seit ich mich erinnern kann (seit <5J), habe ich das Gefühl, dass mein Körper nur bis unterhalb meiner Hüfte reichen sollte. Obwohl ich erst Jahre später zum ersten mal einen Amputierten sah, habe ich mein Gefühl trotzdem dahingehend interpretiert, dass ich an der Hüfte Stümpfe haben sollte, statt Beine. Die Stumpflänge war ziemlich klar definiert, ca. halbe Oberschenkellänge, was sich bis heute nicht geändert hat.

Als ich dann Jahre später zum ersten mal einen amputierten Menschan sah, einen im Oberschenkel amputierten Mann in Badehosen, fand ich das sehr interessant, denn es bedeutete, dass es das, was ich mir bisher nur in meiner Vorstellung zusammengezimmert hatte, tatsächlich gab. Und der Stumpf sah auch ungefähr so aus, wie ich mir einen Stumpf vorgestellt hatte. Ich fragte meine erwachsene Begleitung, wie es denn käme, dass dieser Mann ein Bein weniger habe, und meine Begleitperson sagte darauf, dass das "ganz ganz arme Menschen" seien, mit denen man Mitleid haben müsse. Sie liess auch durchblicken, dass man "mit denen" nicht unbedingt was zu tun haben wolle, sondern froh sein müsse "nicht so" zu sein.

Erst zu diesem Zeitpunkt realisierte ich, dass mein Gefühl "abartig" war, und schämte mich dafür.

Ich versuchte, den Wunsch zu verdrängen. Funktionierte nicht. Ich versuchte, mich wenigstens auf eine weniger extreme Amputation zu konditionieren, zB nur ein Bein amputiert. Funktionierte ein bischen für eine Weile, aber nach ein par Jahren gab ich auf:
Denn es ist nun mal einfach so: Mein Körper "hat keine Beine", und die Oberschenkelstümpfe sind etwa 1/2 Oberschenkellänge; so ist das, und irgendwelche Willensanstrengungen ändern daran nichts.

Ist das absurd? Ja, natürlich ist es absurd. Für mich genau so, wie für Personen ohne Biid.

Von den verschiedenen wissenschaftlichen Erklärungsversuchen leuchtet mir auf meine Person bezogen derjenige am besten ein, der besagt, dass ich mit einem Gehirn geboren wurde, das kein Körpergefühl für meine Beine hat. So wie andere Leute von Geburt an keine Beine am Körper haben, habe ich von Geburt an keine Beine in der von meinem Gehirn erstellten Realitätssicht.

Soviel für's erste,
habt Ihr Feedback?

Beste Grüsse
blondi
Beiträge: 68
Registriert: Mi 6. Jun 2018, 09:28

Re: Vorstellung

Beitrag: # 21054Beitrag blondi »

Hallo,
Dir hat leider bisher keiner geantwortet, hast ja auch keine Fragen gestellt.
Ich antworte Dir, obwohl ich kein BIID habe, aber gewollt amputiert bin und lebe sehr gut damit.
Deshalb verstehe ich hier sehr viel.
Du bist über 50, müsstest Du doch einen Plan haben.
Willst Du so weitermachen, oder willst Du es realisiieren?
Bei letzterem solltest Du Dich wirklich beeilen oder wartest auf Raucherbeine?
viele Grüße
tilman
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Registriert: Fr 24. Nov 2017, 13:01

Re: Vorstellung

Beitrag: # 21055Beitrag tilman »

Feedback …

Ja, da Du den Weg in ein BIID Forum gefunden hat, ist da ja erstmal wenig Feedback dazu zu geben.

Deiner Beschreibung nach klingt es so als habst Du rausgefunden was (vermutlich) Dein Problem ist. Man sollte genau wie bei Grippe, Beinbruch oder Gehirnerschuetterung aber natuerlich immer behutsam sein mit Selbstdiagnosen.

Aber ja – das klingt wie BIID. Doof! Bloede Krankheit!

Drueber reden hilft.
Austausch suchen mit anderen Betroffenen hilft, um dem Ding das Unheimliche zu nehmen.

Ja – und wie Du an Deinem Feedback sicher auch siehst – Foren zu BIID helfen Dir sicher auch nur ein gewisses Stueck weiter. Meist herscht doch einen recht extremer Amputationsfimmel. Schaust Du in die medizinische Literatur zum Thema dann ist BIID halt einer Krankheit wo das in Deinem Gehirn erlebte Koerperbild nicht mit der Realitaet uebereinstimmt. Eine ganz drastische und radikale Massnahme ist den Koerper dann entsprechend zu verkrueppeln, damit er dem erlebten Bild gleicht. Das scheint das einzige zu sein was soweit man bisher weiss BIID beseitigt. Ist aber natuerlich eine Art Kuhhandel. Viele Betroffene kommen Jahre und Jahrzehntelang mit gesundem Koerper und angeschlagenem Geist klar. Ein gesunder Geist in einem gesunden Koerper – das scheint uns verwehrt zu sein.

Aber Ich wuerde selbst wenn Du ueber 50 bist noch nicht in Torschlusspanik verfallen. Gut das Du es soweit mit gesundem Koerper geschaft hast. Glueckwunsch! Ich jedenfalls fuehle mich nicht als Versager obwohl ich BIID habe und kein Krueppel bin. Ich wuerde gern noch ein wenig durchhalten obwohl es verdammt hart ist.

Ich hab mir sagen lassen zwei Oberschenkelamputationen seinen laestig. Lass Dir da man keine Eile einreden. Fast alle von BIID Betroffenen neigen dazu anzuerkennen, dass es Formen von BIID gibt, wo sich das betroffene Glied veraendert. Es ist also einem Menschlichen Gehirn offenbar durchaus moeglich ein von BIID betroffenes Glied wieder zu integrieren! Ob da begnadeten Therapeuten mal ein Durchbruch gelingt wird wie man sowas triggern koennte? Keine Idee? Das verraet und aber zumindest dass wie sowenig von der Krankheit verstehen, dass man es mit der Knochensaege nicht riesig eilig haben muss. Wenn man die Krankheit im gesunden Koerper bekaempfen kann ist das sich kein Versagen.

Foren zu BIID sind eine tolle Hilfe fuer Betroffene.
Foren zu BIID sind oft toxisch fuer Betroffene.
Da heist es gezielt fuer Dich geeignete Hilfe herauszufischen – Austausch mit Mitbetroffenen ist Gold wert.


Alles Gute,
Tilman
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Xenolimb
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Re: Vorstellung

Beitrag: # 21066Beitrag Xenolimb »

Vielen Dank,

Du sprichst die Tatsache an, dass ein angeknackst-leidender Geist in einem gesunden Körper nicht unbedingt schlechter sein muss, als ein „geheilter“ Geist in einem amputierten / gelähmten Körper.

Sehr wahr.

Nur kann die Diskussion, wann was zu bevorzugen ist, mit einem Arzt gar nicht geführt werden, weil dieser über die einzige mögliche Behandlungsoption (Amputation / Lähmung) im Falle von biid gar nicht verfügt.

Die Medizin hat hier meines Erachtens noch einiges an Aufholarbeit zu leisten...

Gruss
Xenolimb
tilman
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Re: Vorstellung

Beitrag: # 21068Beitrag tilman »

Xenolimb hat geschrieben:Vielen Dank,

Du sprichst die Tatsache an, dass ein angeknackst-leidender Geist in einem gesunden Körper nicht unbedingt schlechter sein muss, als ein „geheilter“ Geist in einem amputierten / gelähmten Körper.

Sehr wahr.

Nur kann die Diskussion, wann was zu bevorzugen ist, mit einem Arzt gar nicht geführt werden, weil dieser über die einzige mögliche Behandlungsoption (Amputation / Lähmung) im Falle von biid gar nicht verfügt.

Die Medizin hat hier meines Erachtens noch einiges an Aufholarbeit zu leisten...

Gruss
Xenolimb
Hier bin ich mir halt nicht sicher, ob man so einfach zu einem Konsens über die "einzig mögliche Behandlungsoption" kommt. Ich denke viele Professionelle im Gesundheitswesen sehen eine Behandlung doch in erster Linie als die Wiederherstellung eines gesunden Körpers mit einem gesunden Geist an. Was wir als Betroffene da vorschlagen oder gar verlangen mag halt doch leicht als schlechter Kompromiss betrachtet werden. Da wird halt nicht ein kranker Zustand in einen gesunden überfuhrt. Da wird lediglich seelische / geistige Erkrankung gegen Körperbehinderung getauscht. Ich kann verstehen, dass das Medizinern sauer aufstoßen mag.

Vielleicht haben wir auch als Betroffene da Aufholarbeit zu leisten?

Hier gilt es denke ich deutlich das Leid mit BIID zu kommunizieren, klar zu machen dass Amputation bei BIID "nur" ein Kompromiss sein kann aber eben ein guter Kompromiss, ein Kompromiss, der uns Betroffenen Lebensqualität und Lebensfreude bringen kann. Wird die Amputation oder Lähmung aber als ein "Heilmittel" dargestellt oder gar als ein Ziel an sich, so stehen wir vor einer (unnötig?) schwierigen Diskussion.

Tilman
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Xenolimb
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Re: Vorstellung

Beitrag: # 21069Beitrag Xenolimb »

Einverstanden,
eine Amputation ist nicht eine Heilung im engeren Sinn, sondern lediglich allenfalls eine Verbesserung der Lebensqualität.

Studien zufolge, welch mit biid Betroffenen, welche eine Amputation durchgeführt haben, gemacht wurden, hat die Amputation zu einem Verschwinden des biid Leidensdrucks geführt, und insgesamt, trotz Behinderung, zu einer Verbesserung der Lebensqualität.

Allerdings wurden diese Befragungen mit Leuten durchgeführt, welche sich freiwillig als biid-Amputierte zu Wort gemeldet haben. Und es ist nicht klar, ob es eine Dunkelziffer von biid-Amputierten gibt, welche mit der Amputation keine bessere Lebensqualität erreichen konnten.

Was es also braucht ist das, was man in der Medizin immer macht, wenn man Behandlungsoptionen testen will: konkrete klinische Studien, statt Befragungen von illegal amputierten. Nur eine systematische, standardisierte Erfassung des Gesundheitszustandes von biid Probanden vor und für eine gewisse Zeitspanne nach einer im Rahmen einer Studie durchgeführten Amputation kann die Datengrundlage für generelle Aussagen schaffen.

Das Aufsetzen einer solchen Studie ist ethisch nicht ganz unkritisch, in der Medizin jedoch grundsätzlich nichts Neues. Alle ersten unkonventionellen Behandlungsversuche (inklusive zB Transgender Operationen etc) mussten mit Bedacht aufgesetzten werden. Wenn die Mündigkeit und Informiertheit des Probanden / Patienten jedoch sichergestellt ist, und die Behandlung im Rahmen der Studie seinem ausdrücklichen Wunsch entspricht, können solche Studien durchaus gerechtfertigt werden.

Ohne solche Studien wird man weder das Wissen um Behandlungsoptionen erweitern, noch die gesellschaftliche Akzeptanz stärken können.

Gruss,
Xenolimb
FräuleinRatlos
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Re: Vorstellung

Beitrag: # 21360Beitrag FräuleinRatlos »

blondi,mich würde echt interessieren,wie das bei dir gelaufen ist.Wann kam es dazu und was kannst du über den postoperativen Verlauf sagen?Hattest du arge Probleme mit Phantomschmerzen?Gab es bei dir auch körperliche Beschwerden,die dich zu dem Entschluß gebracht haben und dich wissen lassen,daß die Folgen dieser Entscheidung deutlich angenehmer sind als vor der OP?
Im Vergleich,ich hab mir vor zwei fast Jahren die Gebärmutter rausmachen lassen,weil ich es satt hatte, dauernd in einen Eisenmangel reinzurutschen und ständig Angst vorm unkontrollierten Auslaufen hatte.Mein Arzt hat mich darin unterstützt und mir gehts sehr gut damit.Ich bereue es keine Sekunde.
wie krieg ichs hin,dire meine e mail Adresse oder Handynummer zu geben,ohne daß es gleich alle sehen?Whatsapp wär nämlich auch cool
weniger ist mehr
blondi
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Re: Vorstellung

Beitrag: # 21365Beitrag blondi »

Es ist immer wichtig, dass man auf eine schwere Op gut vorbereitet wird. Wenn man die Amputation will und keine Angst hat, werden Phantomschmerzen nicht zum Problem.
Dann kommt es auf den Chirutgen an, was er sagt.
Wenn er sagt, das weiß man nie, such Dir einen anderen. Das hat alles was mit der Gewissenhaftigkeit der Betäubung zu tun.
Dann braucht man eben Hilfe für die richtige Prothese und dass man damit auch unauffällig gehen kann.
Das geht auch mit 2 Os-Prothesen
BIID hei0t ja nicht, dass man auf Prothesen verzichten muss. Mann will ja die Lebensqualität steigern
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