Behinderung, Behandlungsoption/Pflicht

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Amazone
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Behinderung, Behandlungsoption/Pflicht

Beitrag: # 873Beitrag Amazone »

Rehi,

gerade las ich einen Artikel darüber, dass Forscher einen neuen Ansatz zur Heilung von QSL gefunden haben, der sehr vielversprechend ist. Jedes mal, wenn ich so etwas lese, freue ich mich einerseits für jeden der ungewollt in einer solchen Lage ist und dadurch eine Option erhält, andererseits zucke ich innerlich zusammen vor einer Zuklunftsvision in der ich realisiere und dann kommt so ein Wichs** (sry) von Arzt daher und sagt: "Wir haben da eine Behandlungsmöglichkeit.....und drängt mich dazu". Dann kommt der Gesetzgeber und sagt:"Wenn Du die Behandlung ablehnst, selbst schuld, kein Anspruch auf garnichts mehr." (gibt es jetzt schon fallweise in Gesetzen). Oder noch schlimmer, kommt dann umgekehrt die Zwangsbehandlung? (Jetzt: Zwangsnichtbehandlung z.B: bei BIID)?

Ich finde außerdem andere Gedanken dahinter brutal.
Ich kenne das Problem aus der Gehörbehindertenszene mit dem Cochleaimplantat. Hier werden viele gedrängt sich behandeln zu lassen. Es wird mit groben Unverständnis reagiert, wenn sie das ablehnen. (vor allem von Nichtbehinderten). Ich sehe dahinter eine besondere Diskriminierung von Behinderten, da ihnen dadurch vermittelt wird :"So wie Du bist, bist Du nicht richtig, Du bist weniger wert und willst das nicht ändern. Dabei bist Du "uns", der Gesellschaft, Familie etc... das doch schuldig. Wo wir Dich doch alle immer unterstützt haben".
Ich persönlcih kann gut nachvollziehen, wieso sich manche Behinderte (auch ohne BIID) nicht behandeln lassen möchten und finde die Vorwürfe, die jenen Behinderten gemacht werden wirklich jenseitig.

Oder wenn es teilweise Lösungsansätze gibt, merkt man das auch sehr stark. Dann wird häufig gesagt "aber da gibt es ja eh schon.... wieso lässt Du Dich nicht behandeln...." und wenn man dann sagt: "Das geht in diesem Fall nicht weil....." erntet man ungläubige Blicke weil "es stand ja in der Zeitung".

Ich stelle meine Gedanken hierüber mal einfach zur Diskussion!

LG
Phil

Re: Behinderung, Behandlungsoption/Pflicht

Beitrag: # 876Beitrag Phil »

Hi Amazone,

Du hast recht, hier zeigt sich, wie sehr die Leute von sich ausgehen, und wie wenig sie andere so annehmen, wie sie sind.

Man muss immer an allem rumflicken und "reparieren" und "perfektionieren" und tötet damit das echte Leben und die Vielfalt. Vermutlich weil man die Welt an der angeblichen Perfektion toter Maschinen misst.

Wenn jemand BIID hat, ist vielleicht die Behinderung die beste Behandlung. Also wird man wohl kaum Druck ausüben, dass man die Behinderung beseitigt. Aber es könnte schon sein, dass die Leute, die nichts von BIID wissen, fragen, warum man denn nicht diese oder jene "Heilung" versucht.

Es ist ja auch ein großes Durcheinander in den Köpfen. Wie oft hört und liest man die Gegenüberstellung "Behinderte" und "Gesunde", als ob eine Behinderung eine Krankheit wäre?

Letztlich weist diese Sache aber auf uns selbst zurück. Wir nehmen unseren eigenen Körper ja auch nicht so an wie er ist. Wir wollen ihn ja auch - aus unserer Sicht - "perfektionieren".

Umso schwerer können wir anderen erklären, wie das für uns ist.

Ich fürchte, wenn immer mehr Behinderungen "heilbar" werden, müssen wir einfach mit der Wahrheit rausrücken und uns zu unserem BIID bekennen. Eines Tages könnte dann schon die Tatsache mancher Behinderung zeigen: Das ist vermutlich jemand mit BIID.

So ändert sich die Welt in eine Richtung, die mich gruseln lässt.
BiCur
Beiträge: 177
Registriert: Fr 10. Dez 2010, 22:56

Re: Behinderung, Behandlungsoption/Pflicht

Beitrag: # 879Beitrag BiCur »

Vermutlich weil man die Welt an der angeblichen Perfektion toter Maschinen misst.
Darauf hatte ich an andrer Stelle (Psychiatrie) auch schon mal hingewisen, dass unser schulmedizinisches, psychiatrisches und Gesundheits-(Un-)Wesen sich in wesentlichen Kriterien - erst recht wenn Politiker noch darauf Einfluss nehmen - daran orientiert, Menschen (wieder) in wirtschaftlichen Abläufen, Verwaltungen, an Fließbändern und anderen Produktions-Prozessen wieder "funktionsfähig" (wirtschaftlich verwertbar) zu machen, eben funktionieren zu lassen ...!

Also liegt es doch sehr nahe, nach Lösungen und Hilfestellungen bei eher "alternativen" Therapeuten und/oder spirituell orientierten Menschen, Institutionen etc. zu suchen - meine ich jedenfalls ...

Meditieren, in die Stille gehen, in die Natur, ins eigene Selbst ... die (eigenen) Antworten kommen für jeden, wenn die Zeit dafür reif ist !

LG, BiCur
rayon
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Registriert: Mo 6. Dez 2010, 09:23

Re: Behinderung, Behandlungsoption/Pflicht

Beitrag: # 881Beitrag rayon »

von dieser heilungsmöglichkeit für qs-patienten wurde schon vor 10 jahren gesprochen (einen jeden qs-biid´ler hats damals schon geschaudert), aber ich denke und bin guter dinge dass die mich nicht mehr erreicht ;-) und ist meinem kenntnisstand eher für frisch verletzte geeignet.
...sonst müsst ich ja doch nochmal an LAK-amputation denken und umdisponieren ;-)
aber selbst da gibts forschungen an so irgendeinem amphibischen lurch bei dem die abgetrennten glieder nachwachsen und die forscher suchen nach dem gen und sind guter hoffnung das auch irgendwann auf den menschen übertragen zu können.
...und was machen wir dann lieber LAK1210? ....wir gründen ne selbsthilfegruppe zur dauerhaften erhaltung unserer behinderungen und fertig!
ich erinnere mich an ein gutes gespräch vor einigen jahren mit einem nicht biid-betroffenen der einen tiefen kompletten qs hat. auf meine frage hin was er machen würde wenn denn die gute fee käme und ihn vom qs erlösen würde, antwortete er mir ganz eindeutig dass er das gar nicht mehr wollte da er sich an sein leben im rollstuhl total gewöhnt hat und er nur er im rollstuhl ist. nochmal erwähnt, er ist kein wannabe, aber schon zum damaligen zeitpunkt in seinem leben länger im rolli als zufuß unterwegs.
mich hats sehr gewundert, aber es zeigt auch, dass nicht alle juchu schreien würden, weder wir biid-ler noch der/die ein oder andere unfreiwillig behinderte.
mein partner und ich sprechen auch häufig über die neuen forschungsergebnisse und er recherchiert immer wieder im net deswegen weil er es einfach gerne hätte dass ich "geheilt" würde. er würd aber sooft ich möchte mit mir pretenden gehen, ...iss er net süß mein schatzi!?
natürlich sieht er schon wie glücklich ich zur zeit einfach bin und gönnt mir mein "neues leben" auch, aber er würde einfach gerne wieder dinge mit mir machen die jetzt einfach nicht mehr möglich sind wie z.b. bergwandern oder so. da verstehe ich ihn natürlich auch.
trotzdem isses wie es iss und soll auch so bleiben! wobei ich mir eine teilbehandlung die mir meine spastiken und nervenschmerzen nimmt, schon vorstellen könnte. ...aber der rolli bleibt ;-) !!!!!!
lg, rayon
Zuletzt geändert von rayon am Sa 29. Jan 2011, 10:23, insgesamt 1-mal geändert.
LAK1210
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Re: Behinderung, Behandlungsoption/Pflicht

Beitrag: # 883Beitrag LAK1210 »

Liebe Freunde,
was Amazone als Thema eingebracht hat und hier schon diskutiert worden ist, lässt mich auch erschaudern. Wenn es medizinisch-technische Hilfe für (oder besser gegen) ein Leiden gibt, dann ist das an sich zu befürworten. Wer möchte es dem Gelähmten verwehren, wenn er durch einen Eingriff wieder laufen kann?
Was aber ist, wenn diese Behandlung abgelehnt wird und der Betroffene lieber in seinem Rolli oder bei seinen Krücken bleibt und ihm dadurch Nachteile erwachsen? Eine unglaubliche Vorstellung...und es kommt mir hier wie eine Bevormundung von Betroffenen durch Nicht-Betroffene vor.
Wo bleibt der freie Wille des Menschen, sich in seinem Körper, wie er ist wohl zu fühlen???

Lg Euer Lak
Die Körperbehinderung jetzt ist ein Witz gegen das Leiden unter BIID!
Phil

Re: Behinderung, Behandlungsoption/Pflicht

Beitrag: # 891Beitrag Phil »

rayon hat geschrieben:ver würd aber sooft ich möchte mit mir pretenden gehen, ...iss er net süß mein schatzi!?...
lg, rayon
Das kann man wohl sagen! Glückwunsch. Hast Du den überhaupt verdient? :P

Ich glaub schon...

Liebe Grüße!!
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