Haben wir "Xenomelie"?

Phil

Haben wir "Xenomelie"?

Beitrag: # 3324Beitrag Phil »

Neuer Artikel von den kalifornischen Forschern um Prof. Ramachandran:
http://jnnp.bmj.com/content/early/2011/ ... 4.abstract

Sie schlagen vor, die Sache "Xenomelia" zu nennen (altgriechisch für: fremde Gliedmaßen).

Dabei argumentieren sie immer noch mit den 4 (!) Fällen, die sie vor Jahren untersucht haben (und bei denen sie damals schon bei einem durcheinandergebracht hatten, was er wollte, sie hatten ihn als DAK-Wunsch eingeordnet, dabei war es bei ihm immer nur LAK).

Kommentare dazu gibt es hier schon:
http://transabled.org/thoughts/sean-tho ... ndrome.htm
BiCur
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Re: Haben wir "Xenomelie"?

Beitrag: # 3327Beitrag BiCur »

Das zeigt für mich nur ein weiteres Mal, dass wir von der offiziellen (staatlich, pharmaindustriell, medizin-lobbyistisch ... etc. pp. geprägten und geförderten) Forschung NICHTS aber auch GAR NICHTS zu erwarten haben ...!

Ich fühle mich auch zunehmend in diesem Kontext (und damit fast schon in diesem Forum hier) fremd, denn ...

1.) ist mein BIID seit Längerem stark am schwinden und ich kann mein BIID-Haustierchen fast schon nach belieben zähmen und "spazierenführen" ...!

und ...

2.) fühle ich mich mit meinen seit jeher "wandernden" BIID-Fantasien, Wünschen und Anwandlungen (zwischen einem und/oder mehreren Finger/n, Zehe/n und BK bis hin zu AK - manchmal sogar auch BE oder AE) von keinem dieser Forscher oder Threads hier treffend erkannt und/oder beschrieben, wenn von "fremden" Gliedmassen, die (sei's nun von mir selbst oder von meinem Gehirn) nicht als "zugehörig" erkannt oder erlebt werden, die Rede ist!
Auch kenne ich absolut nicht diese "genaue Linie", ab der die "betroffene Gliedmasse" als "fremd/nicht zugehörig" erlebt wird und deshalb genau dort amputiert werden sollte ...!

Im Gegenteil ..., ich erlebe es fast auch als einen Teil des Prozesses und der "Lust" daran, immer wieder neu zu fantasieren und/oder zu "gestalten" wie die Amputationslinie (das Ergebnis, der Stumpf) dann diesmal aussehen könnte ... und bin da auch immer wieder durch neue Eindrücke (Bilder, Beispiele etc.) beeindruck- und beeinflussbar.

Also: - was für ein seltsamer "Freak" bin ich denn nun ... und gehöre ich überhaupt noch hier her ...?
Ich zweifle sehr stark daran, denn dazu habe ich auch zuviele meiner persönlichen und individuellen "Meilensteine", "Imprints", "Amputierten-Kontakte" und "Sightings" sowie viele weitere seelische und entwicklungsgeschichtliche Einflüsse identifizieren können als dass ich noch an das Märchen von der unabänderlichen (und damit nur durch OP "heilbaren") Fehlrepräsentation einer Gliedmasse im Gehirn glauben könnte.

Dazu verändert sich das alles bei mir viel zu oft ... und die moderne Hirnforschung hat auch schon längst erkannt (z. B. bei Apoplexie-Patienten), dass das menschliche Gehirn sich nicht nur trainieren lassen sondern bis ins hohe Alter umbilden, neu formieren und strukturieren kann ...

Also was soll das alles hier ...?

Anders ist es m. E. bei den Betroffenen (wie hier bei uns z. B. LAK1210), die zeitlebens nie etwas Anderes gefühlt haben als eben diese "eine Linie" an dieser einen, speziellen Gliedmasse.
Und, die dann eine Angleichung von Geist, Körper und Seele durch eine OP tatsächlich auch erreichen - und nicht nur das, sondern auch die ersehnte Erleichterung und Befreiung von den bisherigen "BIID-Symptomen" und/oder Depressionen.

Aber da sprechen wir wohl dann tatsächlich von völlig unterschiedlichen "Störungs"- und/oder "Krankheits"-Bildern ...

So far, my thoughts ...
LG, BiCur
Zuletzt geändert von BiCur am So 18. Dez 2011, 00:56, insgesamt 2-mal geändert.
Phil

Re: Haben wir "Xenomelie"?

Beitrag: # 3328Beitrag Phil »

Lieber BiCur,

da sprichst Du mal wieder eine wichtige und spannende Seite unseres Problems oder unserer Probleme an.

Vielleicht sind es nicht zwei verschiedene Dinge, sondern nur verschiedene Formen? Von frei flottierend bis total konkret kann es ja viele Schattierungen geben.

Es gibt zum Beispiel rein heterosexuell lebende und rein homosexuell lebende Menschen, aber auch viele, die mal so, mal so oder auch ständig bisexuell leben. Dann gibt es noch welche, die überwiegend homosexuell empfinden, aber überwiegend heterosexuell leben - und umgekehrt. Vielleicht ist das bei BIID ähnlich.

Vielleicht spielen die einen mehr mit Behinderungsfantasien, während die anderen sich auf eine festlegen, und die Gewohnheit des Denkens und Vorstellens (Stichworte Ein-Bildung, ein-prägen) verstärkt und vertieft diese eine Vorstellung dann immer mehr? Dann wäre das lockere Spiel mit vielerlei Behinderungsarten schon fast der erste Schritt einer "(Selbst-)Therapie".

Erich Kasten beschreibt öfter, dass bei vielen der Wunsch sich verändert hat und noch verändert. Ich fürchte, dass die Forscher solche Fälle nicht so genau betrachten, weil sie dann ihre neurologischen und anatomischen Untersuchungen nicht so gut machen können.

Dass im rechten oberen Scheitellappen messbare Unterschiede zwischen BIID-lern und einer Kontrollgruppe gefunden wurden, halte ich nicht für ein Märchen. Die haben vermutlich schon sauber gearbeitet. Aber das sagt noch nichts darüber, wie BIID wirklich entsteht und was es ist. Wer fleißig jongliert, entwickelt dadurch auch messbare Unterschiede gegenüber Nichtjongleuren im Gehirn.

Sicher ist außerdem, dass die bisher bekannten Leute, die wirklich amputiert wurden, allesamt glücklich sind und es nicht bereuen. Sie berichten ähnliche Gefühle und Erlebnisse wie Transsexuelle nach der OP. Das heißt noch lange nicht, dass das der einzige und "richtige" Weg ist.

Ich denke, gerade an den Rändern wird BIID interessant: da, wo es schwach ist, wo es stark schwankt, wo sich die Körperveränderungswünsche verändern. Da kann man es beobachten, wie es sich verändert, wann es stärker wird, wann schwächer usw.

Insofern bist Du hier kein Freak, sondern besonders wichtig.

Außerdem könnten wir von Dir vielleicht sogar lernen, wie wir unser BIID zähmen und "spazierenführen". Das wäre überhaupt der wertvollste aller Beiträge.

Lieben Gruß
Phil
BiCur
Beiträge: 177
Registriert: Fr 10. Dez 2010, 22:56

Re: Haben wir "Xenomelie"?

Beitrag: # 3334Beitrag BiCur »

Hi Phil,

... auf diese von dir benannte "Wichtigkeit" kann ich gerne verzichten (ich verstehe gleichwohl wie du das meinst), denn ich fühle mich nicht nur zunehmend "fremd" hier sondern spüre auch zunehmende Aversionen gegen das ständige ventilieren von gleichbleibend nichtssagenden "Forschungsergebnissen" und Publikationen bis in das letzte, kostenlose Wochenblatt hinein ...

Hast du eigentlich auch mal berücksichtigt welchen gegenteiligen Effekt das alles haben kann, wenn schließlich nicht nur die Mehrheit der Mediziner sondern auch noch der letzte U-Bahn-Passagier über das "Phänomen BIID" und "Menschen mit freiwilligen Amputationswünschen" gelesen und/oder gehört hat ?

Am Ende wird jeder Finger-Amputierte noch gefragt: "Na, hast du dir den freiwillig abgesägt, bis du auch so ein BIIDler ...?"

Womit ich beim Thema der "Repräsentation" von BIIDlern hier im Forum UND draussen in der Bevölkerung wäre.

Es gibt m. E. zwei sehr wenig in Erscheinung tretende, aber durchaus nicht zu vernachlässigende Gruppen von (im weitesten Sinne) BIIDlern:

1.) Die, welche konsequent, mehr oder weniger wohlüberlegt und geplant ihren Weg gehen und irgendwann (manche vielleicht sogar sehr früh, schnell und unüberlegt) zum "Ex-BIIDler" werden. Wie an anderer Stelle schon genügend ausgeführt haben die allermeisten aus dieser Gruppe alle (oder zumindestens mehrere gute) Gründe, sich nicht weiter in der Öffentlichkeit und/oder in solchen Foren wie hier zu outen oder auch nur zu tummeln.

Das Ziel ist erreicht oder BIID ist weg, deshalb gibt es keinen Grund mehr, Kontakte, Vernetzung oder Hilfe durch Forschung und/oder Ärzte zu suchen ... Und weiter "Rumjammern" geht schon gleich gar nicht mehr! Thema erledigt! Aus, Schluss und vorbei!

2.) Jene, welche es - wie auch immer - durch klare Entschlüsse, seelisch-mentale Kraftakte, Verdrängung oder durch das Gegenteil davon, nämlich "Selbsterforschung", (Psycho-)Therapie, Körper- bzw. Seelenarbeit und/oder Meditation oder Anderes schaffen, BIID verblassen oder in den Hintergrund treten zu lassen oder es sogar ganz loswerden.
Vielleicht braucht es dazu aber auch hin und wieder "nur" den "Glücksfall" einer neuen Liebe, besseren Arbeitsstelle, Versetzung ins Ausland, Erbschaft etc. pp.

Auch diese, von denen du Phil wohl einige kontaktiert oder kennen gelernt hast, werden, "einen Teufel tun", sich noch weiter in einem BIID-ventilierenden und evtl. stimulierenden Forum herumzutreiben (hier fühle ich mich merklich mehr und mehr zugehörig!).

Mir ist auch klar, dass es bei beiden Gruppen Ausnahmen von der Regel gibt (z. B. wäre unser LAK1210 eine zu Gruppe 1. oben, weil er sich dennoch weiter hier im Forum einbringt und besagter Amerikaner "Carl" - übrigens auch "Dry-Ice-Princess Karen Downs" - aus dem www wäre eine, weil er nach erreichen seines Zieles durch Trockeneis nicht durchgehend und rundum glücklich und zufrieden war, sondern sagte: "What the hell was I thinking ...?").

Auch in Sachen "allesamt glücklich sind" muss ich deinen Superlativ etwas bremsen, Phil. Der operierte Transsexuelle "Josef Kirchner" hat sich explizit im www über seinen Weg zurück zum Mann, der er einst vor seiner OP war, geäussert und berichtet.

Der Tenor dessen was ich nun inzwischen hier im Forum von den meisten Mitgliedern erlebe ist - neben den zugegebener Massen ganz wichtigen und völlig berechtigten Möglichkeiten des Austausches, der Vernetzung, der erhellenden und oft hilfreichen Kontakte, der Weiterbildung auch über stattfindende Forschung, fachliche und populäre Veröffentlichungen, der Organisation von Treffen Gleichgesinnter und Betroffener und der einfach grundsätzlich hilfreichen Möglichkeit des "Coming-Outs", des sich von der Seele redens und gegenseitig Unterstützens - aber dennoch so eine Art Haltung, die für mich am treffendsten in diesem Satz zum Ausdruck kommt:

"Wasch' mich, aber mach mich nicht nass" (sprich: Amputier' mich, aber tu mir nicht weh - bitteschön durch Fachärzte unter Narkose und nach Standard der modernen Medizin).

Dahin hoffen wohl viele hier, durch "Forschungen", Ärzte-Aufklärung, Eintrag ins ICD/DSM etc. pp. irgendwann mal zu kommen ...

Meine Meinung inzwischen: Leute, vergesst es!

Es führt im Leben kein Weg dran vorbei, Verantwortung für das eigene Leben, den gewählten Lebensplan, das Schicksal und eben auch die momentane Situation und Befindlichkeit zu übernehmen und dann zu entscheiden wohin man von da aus gelangen möchte.

Das von "Fachleuten", Professoren, Forschern, Mitgliedern der Ärzteschaft und/oder anderen gesellschaftlichen oder gar staatlichen Institutionen zu erwarten ist schlicht und ergreifend naive Träumerei und infantile Leugnung der eigenen Verantwortung.

In diesem Sinne bin nicht nur ich ein (unter Einbeziehung meiner Person bei allem Obengesagten) seltsamer "Freak" sondern sind wir es alle ...!
Soviel Selbstironie muss schließlich auch sein ...! ;-)

Und wer bin ich denn schließlich mit meiner Wenigkeit (statt der von dir zugeschobenen "Wichtigkeit"), andere hier auf den "Pfad der Tugend" oder einen sonstwie heilsamen oder erfolgversprechenden Weg zu führen ...?

Ich habe hier im Forum eigentlich alles gesagt, was von mir aus zu sagen ist ...

Den Stein der Weisen habe ich auch nicht ... und jeder muss für SICH seinen EIGENEN Weg finden und gehen, da quasi fast nichts von dem Einem direkt auf den Anderen übertragbar ist.

Finde heraus wer du in Wirklichkeit, ... in Wahrheit bist ... und dann geh' DEINEN Weg in eigener Verantwortlichkeit.

In Aufrichtigkeit, LG, BiCur
Phil

Re: Haben wir "Xenomelie"?

Beitrag: # 3405Beitrag Phil »

Lieber BiCur,

nur eine Frage noch:

Du hast einen Weg gefunden, Deinen.

Gab es irgendeinen ersten Schritt? Wie bist Du auf diesen Weg gekommen? Gab es einen Anstoß von außen? Irgendeine "Methode", die den Anfang erleichtert oder ermöglicht hat?

Wo ging es los? Zufall? Begegnung? Eigenes Suchen? Hatte es mit BIID zu tun oder kam es ganz woanders her? Ein Buch? Ein Film? Eine plötzliche Eingebung? Wenn man an sich arbeitet, wie fängt man damit an?

Das würde mich sehr interessieren, denn ich glaube, dass der Anfang besonders schwer zu finden ist. Vielleicht kannst Du da ein paar Hinweise geben. (Ich weiß, Du hast schon welche gegeben - ich weiß aber nicht, ob die der Anfang waren.)

Und übrigens: Ich habe viel diskutiert mit allen möglichen Leuten, auch hier im Forum, und immer auf die problematische Seite von zu viel Öffentlichkeit für BIID hingewiesen. Natürlich ist es gefährlich, für die Chirurgen und ihre Patienten, für alle, die es mit was auch immer für Methoden "selber machen".

Drei Argumente gibt es FÜR das Zusammenarbeiten mit Journalisten:
1.) Die Berichte erscheinen ohnehin. Der Geist ist aus der Flasche. Wenn wir nicht mitmachen, wird BIID vermutlich falsch beschrieben.
2.) Wenn Betroffene sehen, dass sie nicht die einzigen sind, ist das ziemlich erleichternd für die meisten. (Auch für ihre Angehörigen, Freunde etc.)
3.) Therapeuten, Ärzte etc. lesen auch mehr Zeitung und sehen mehr fern als sie Fachliteratur lesen.
Und auf lange Sicht werden vielleicht mehr Möglichkeiten für Betroffene geschaffen, an Hilfe zu kommen - wie die auch immer aussieht.

Ich bin aber selber sehr am Zweifeln, ob diese Argumente ausreichen. Im Moment wäre es mir lieber, wenn über BIID nichts in den Medien käme. Aber ich habe darauf keinen Einfluss.

Liebe Grüße
Phil
BiCur
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Re: Haben wir "Xenomelie"?

Beitrag: # 3412Beitrag BiCur »

Phil,

es gibt zwei (2!) ganz wichtige, entscheidende Momente in einem menschlichen Leben:

GEBURT .... - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - ... TOD

und was dazwischen kommt bestimmst DU ... für MICH ist das Wichtigste dazwischen:

die LIEBE !! Das macht mir mein HERZ ganz deutlich (Herzenserfahrung, Herzensqualität)

Wie ist es bei DIR ...???
BiCur
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Re: Haben wir "Xenomelie"?

Beitrag: # 3426Beitrag BiCur »

Hallo Phil,

noch der Versuch einer Antwort auf den ersten Teil deiner Frage oben:

Es ist IMMER die GANZE Lebensgeschichte, der GANZE Mensch, der damit zu tun hat, sich damit auseinander zu setzen hat - und wie wir bei BIID inzwischen wissen: LEBENSLÄNGLICH !!!

Ich kann dir nicht EINEN besonderen, ersten Schritt nennen, denn den gab es bei mir nicht - auch bei mir läuft der Prozess LEBENSLANG !!!

Zwei wichtige Anhaltspunkte in meinem Fall:

1.) wusste ich schon SEHR FRÜH, dass ich damit NICHT ALLEINE war, denn ich konnte schon lesen bevor ich in die Schule kam und habe in dieser Zeit etwa (kann auch erst nach der Einschulung gewesen sein) einmal in der aufgeschlagenen Zeitung meines Vaters, der diese auf dem Tisch liegen liess, eine Schlagzeile und den Bericht über einen britischen/schottischen Ex-General/Oberst der Armee gelesen, der sich selbst ein Bein unterhalb des Unterschenkel abgesägt/amputiert hatte und nach der Einlieferung in die Klinik ob seines "Gemetzels" oberhalb des Knies nachamputiert werden musste.
Diese Geschichte hat mich damals schockiert UND fasziniert gleichzeitig (vielleicht gibt es online-Archive, in denen man diese Story aus den 60er-Jahren nachrecherchieren kann).

Damit war MIR DEFINITIV DAMALS schon klar, dass es andere Menschen gibt, die amputiert sein wollen und das herbeisehnen oder sogar selbst herbeiführen.
Jetzt beim Schreiben wird mir klar, dass DAS GENAU schon damals DIESE erste ERLEICHTERUNG war, die viele von uns nach Jahrzehnten des "Alleineseins" mit den "verrückten" BIID-Wünschen durch die Entdeckung des Internets oder dieses Forums hier erst spät erfahren haben.
DAMIT war ich in meinem Bewusstsein NICHT MEHR ALLEINE DAMIT und konnte mich offener nach Auswegen, Bewusstseinserweiterung, innerem und äußerem Wachstum, "Erleuchtung" und Wegen der Veränderung umtun.
Andererseits war das noch eine Zeit, in der meine Phantasien im freien Fluss waren und BIID noch längst nicht verfestigt oder fix ausgeprägt war.
Möglicherweise hat mich diese Zeitungsgeschichte auch wieder sogar noch weiter mit (u. A.) auf die Spur von AK-Phantasien gebracht, denn als Kind hatte ich eigentlich nur Gelegenheit einige Finger-Amputierte in meiner Umgebung zu beobachten und meine Neugier und Phantasien hatten sich bis dahin hauptsächlich auf Finger, später dann auch auf Zehen konzentriert.
Es kamen dann noch andere Beobachtungen und Ereignisse im Laufe der Zeit hinzu, die ich hier jetzt nicht ausführen kann, die aber meine Gewissheit nur verstärkten.
In meiner Teenagerzeit habe ich dann sogar meinem besten Freund damals von meiner BIID-(Amputations-)Faszination erzählt. Das geschah im Kontext der damaligen "sexuellen Revolution" und unserer gemeinsamen Experimente mit Mädchen, Partnern und unserer ersten Schritte auf dem spannenden Feld der sexuellen Identität.
Der hat das damals - als bester Freund - relativ neutral und ohne augenfällige Abwertung zur Kenntnis genommen, ist aber nie wieder auf das Thema zurück gekommen ("Seins" war es offensichtlich nicht). Mir war damals auch schon sehr klar, dass ich damit ein "Exot" bin und fortan war ich absolut zurückhaltend mit diesem Thema und habe es in keiner späteren Beziehung mehr angesprochen ...

2.) Ich habe schon früh als Jugendlicher mit Meditation, Yoga, Bewusstseinserweiterung und Meditationspraxis begonnen.
Daher kann ich Erinnerungen bis zurück in mein erstes Lebensjahr abrufen, teils sogar
(Vor-)Geburtliches.
Deshalb ist MIR auch ABSOLUT klar, dass diese Beobachtungen von Amputierten und diese Stories, Erfahrungsberichte (s. o. aus der Zeitung) und auch die Erzählungen meiner Eltern aus Krieg, oder persönlichem Umfeld, in denen es um Amputationen ging, NUR die eine, ÄUSSERE Seite (sozusagen den "Trigger" oder auch ein gewisses "Vorbild", ein Reiz, an dem sich ein Wunschbild ausformen kann) darstellt.
Die andere, INNERE Seite ist aber (jedenfalls bei MIR) NICHT eine grundsätzliche "Veranlagung" zum "amputiert-sein-wollen" und schon gleich gar nicht an einer ganz spezifischen Stelle oder Linie eines bestimmten Gliedes.
Sondern diese Innere Prädisposition setzt sich aus mehreren Elementen zusammen, die hauptsächlich mit meiner GEBURT (dem Verlauf dieser, so wie ich ihn selbst innerlich spüre UND wie er mir auch von meiner Mutter erzählt wurde - es war gleichwohl keine Extrem- oder Not-Geburt oder etwas ganz Außergewöhnliches) und noch etlichen anderen Einflüssen meiner ersten Lebensjahre (z. B. gewisse Nöte meiner Eltern und damit verbundene Anlagen zu depressiven Stimmungen und zur Depression, mein häufiges Alleinsein etc. pp.) zusammenhängen.

Das sind jedenfalls BEI MIR entscheidende "Prädispositionen" oder "Weichenstellungen", die sowohl "mein BIID" ausgeprägt und beeinflusst haben als auch meinen Umgang damit und meine mir möglichen "Auswege".

Alles Andere müsste dem Versuch vorbehalten bleiben, mein ganzes Leben zu erzählen und all die Schaltstellen oder Phasen, an und in denen BIID stärker oder schwächer geworden ist, andere Formen angenommen hat oder GANZ verschwunden war.

Du siehst: Alleine schon diese beiden kleinen "Spotlights" führen zu einem Riesen-Posting ...!

;-) ... aber ich hoffe, du kannst wenigstens ein bischen was damit anfangen ...! :-)

... und wie ich weiter oben schon mal sagte: Den "Stein der Weisen" für alle Anderen habe ich auch nicht !!!

LG, BiCur
Phil

Re: Haben wir "Xenomelie"?

Beitrag: # 3429Beitrag Phil »

Lieber BiCur,

herzlichen Dank für dieses Posting, das wirklich viel Klarheit für mich gebracht hat. Es ist auch eine gute Anregung für Dinge, die ich versuchen könnte, Richtungen, in die ich schauen könnte... Vieles liegt über dem Rand des üblichen Denkens, aber nur da kann man auch was Neues finden.

Hast Du bestimmte Konsequenzen für Deine Lebensführung gezogen - oder genügt die Klärung schon?

Viele Grüße
Phil

P.S.: Irgendwie passt das hier nicht mehr unter die Überschrift... so entwickelt sich was.
BiCur
Beiträge: 177
Registriert: Fr 10. Dez 2010, 22:56

Re: Haben wir "Xenomelie"?

Beitrag: # 3433Beitrag BiCur »

Lieber Phil,

oben hast du geschrieben: "Lieber BiCur, nur eine Frage noch: ..."

... auf meine Frage: "Wie ist es bei DIR ...???" antwortest du nicht ...

... und schiebst jetzt schon wieder eine neue Frage nach ...

Wie soll ich mich denn dabei fühlen ...?!?

LG, BiCur
Phil

Re: Haben wir "Xenomelie"?

Beitrag: # 3435Beitrag Phil »

Lieber BiCur,

"nur eine Frage noch" war natürlich eine schamlose Untertreibung, weil sich eine Frage an die andere anschließt.

Wie es bei mir ist, das hatte ich fast überlesen, außerdem schreibe ich hier eh schon so schrecklich viel, und fast kam es mir wie eine rhetorische Frage vor in dem Zusammenhang, eher Aufruf als Frage.

Ich weiß auch nicht genau, wonach Du fragst. Wie ich es zwischen Geburt und Tod halte, ob ich meinem Herzen folge oder was sonst?

Zu BIID kann ich sagen: Es gab mal eine Zeit, in der hatte ich es entweder gut verdrängt, oder es stand einfach gerade ein anderes Thema an. Als BIID dann zurückkam (oder sich nicht mehr verdrängen ließ), war das für mich ein Schock.

Ich habe vieles gemacht, auch Meditation, Selbsterfahrung mit Kunst, Energiearbeit, Atemarbeit, Körperarbeit... Alles kann ich empfehlen. Nur blieb die Sehnsucht - vorübergehend, in tiefer Entspannung war ich nur entspannt, aber im Alltag blieb die Sehnsucht. Mit immer mehr Bewusstheit, jedenfalls habe ich das Gefühl, wurde die Sehnsucht sogar noch stärker und vor allem klarer. Auf einmal spürte ich körperlich genau die Linie oder sogar die Stümpfe in meinen Oberschenkeln verborgen.

Neue Perspektiven, Überraschungen, Änderungen im Leben lassen BIID immer wieder verblassen. Ich bin nicht sicher, was das bedeutet. Manchmal dachte ich: BIID kommt als "Stachel im Fleisch", als Zeichen, dass ich was ändern muss. Oft denke ich aber: Ich bin einfach nur zeitweise mit anderem beschäftigt und gebe mich der Hoffnung hin, damit auch BIID hinter mir zu lassen.

Es gibt allerdings durchaus Umstände, die oft BIID verstärken (wenn auch nicht immer), und es gibt so eine winzige "Freiheit", mich diesen Träumen, Gefühlen und Gedanken hinzugeben oder etwas anderes zu denken, zu fühlen, anzuschauen - nur manchmal, nur graduell.

Einmal habe ich mit einer Therapeutin versucht herauszufinden, wo der Beginn von "BIID" in meinem Leben gewesen sein könnte. Wir kamen auch bis zur Geburt, allerdings blieb unklar, ob es noch vor der Geburt war. Meine Geburt ist aber völlig problemlos verlaufen, soweit ich weiß.

Es gibt auch Hinweise aus meinem Verhalten als kleines Kind, die man als Hinweis auf BIID sehen kann.

Darf ich jetzt wieder Fragen nachschieben? ;-)

Liebe Grüße
Phil
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