BIID und meine Eltern

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Andy

BIID und meine Eltern

Beitrag: # 15313Beitrag Andy »

Hallo,
ihr kennt wahrscheinlich das Gefühl, wenn ihr jemandem versucht, euer Leid als BIID-Betroffene zu erklären. Ich stehe vor dieser Herausforderung, weil ich gerne es wagen würde, mein Leben im Rollstuhl zu verbringen - angesichts meiner aktuellen Lage ohne Behinderung.
Mein Problem: Ich kenne die Stellung meiner Eltern zu Homosexualität - sie finden es eine abartige Krankheit, finden Homosexuelle krank. Wie soll ein Mensch, der mit sowas so umgeht, dann mit meiner Sache umgehen. Ich habe was noch Verrückteres und möchte leben auf eine Art, die die große Mehrheit als Leid ansieht.
Habt ihr Erfahrung mit solchen Menschen, Menschen, die Abweichungen von der Normalen gleich als Krankheit "abwerten"?
forrest
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Registriert: Sa 28. Sep 2013, 20:46

Re: BIID und meine Eltern

Beitrag: # 15330Beitrag forrest »

Hallo Andy.

In deiner Situation ist es schwer dir einen Rat zu geben. Nur du kennst deine Familie und dein Umfeld. Aber jemanden der so engstirnig ist und konservative Ansichten vertritt dem würde ich wohl nicht von meiner BIID erzählen und dann lieber mit einer Lüge leben. Außerdem musst du abschätzen was für den Menschen und eure Beziehung diese Nachricht bedeutet. Was ist schlimmer/leichter das wissen das du eine Behinderung brauchst um dich mit deinem Körper zu identifizieren oder aber das du plötzlich durch Krankheit oder Unfall im Rollstuhl sitzt. Medizinische Diagnosen einen Rollstuhl zu nutzen gibt es genug. Für mich war es wichtig gerade in der Beziehung zu meiner Mutter das sie weiß das sie nach der Realisierung kein Mitleid mit mir haben muss. Das Ihr Sohn plötzlich nur noch ein Bein hat hätte sie deutlich schwerer getroffen als das wissen um BIID. So kann ich immer mit Ihr darüber reden und ihr die Angst und bedenken nehmen. Glücklicherweise sind meine Familie und Freunde denen ich von BIID erzählte alle sehr tolerant und haben die Nachricht sehr gut aufgenommen und unterstützen mich dabei. Ich hoffe du findest deinen Weg.

Viele Grüße

Forrest
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StealthMode
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Re: BIID und meine Eltern

Beitrag: # 15347Beitrag StealthMode »

Moin Andy,

mal ganz abgesehen davon, dass ich mich nirgendswo geoutet habe... ...wäre ich damit wohl auch mehr als zurückhaltend. Ein derartig eingebranntes Weltbild, naja da würde ich mir denken, lass die Menschen lieber weiter in ihrem eigenen Mikrokosmos leben - obwohl der Leidende natürlich Du bist.

LG aus dem Norden
stealthmode
Einfachheit... ist die Zuflucht der Narren (J. Silette)
zoran
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Re: BIID und meine Eltern

Beitrag: # 15348Beitrag zoran »

Hallo Andi,
heftig, heftig, heftig!

Was kann ich Dir raten?

Alleine schon zu lesen, daß es immer noch Leute gibt, die Homosexualität als Krankheit sehen, dreht mir den Magen um. Diesen Leuten kann man aber nicht helfen und denen kann man auch nichts von BIID erzählen.
Daß Deine Eltern zu diesen Leuten zu gehören scheinen, ist wirklich heftig und macht mich traurig.

Obwohl bei mir der Fall ganz anders liegt, differenziere ich auch zwischen Leuten, gegenüber denen ich mich oute / geoutet habe und jenen denen ich eine "Legende" erzähle. Mit Legende meine ich eine Geschichte, die plausibel erklärt, warum ich mit einer Orthese am linken Bein herumlaufe.
Es ist überaus selten, daß sich jemand (fremdes oder Leute die nur die Legende kennen) sosehr dafür interessieren, was man da erzählt, daß ich in einen Erklärungsnotstand geraten wäre.
Rückt mir jemand zusehr auf die Pelle, weiche ich dahingehend aus, daß es jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist, alle Einzelheiten zu erklären.
Dann ist immer Ruhe und ich habe immer noch die Option, zum geeigneten Zeitpunkt mit der ganzen Whrheit ´rauszurücken.

Die Leute, die sich dann immer noch für dein "Wehwechen" interessieren, sind wahrscheinlich dieselben, die sich auch für Dich interessieren und die Wahrheit verdient haben.

Ich möchte Dich auf gar keinen Fall zum Lügen anhalten! Letztlich bringt uns nur dei Wahrheit weiter, aber wenn man durch die Wahrheit einen weiteren Leidensdruck aufbaut schadet es letztlich mehr, als es hilft.
Meine BIID ist meine BIID. Wem ich davon erzähle und wem nicht, entscheide ich ganz alleine und Menschen, für die Homosexualität eine Krankheit ist, haben meine Whrheit nicht verdient.

Öffne Dich gegenüber Menschen, die ein "normales" Weltbild haben. Sprich mit Deinem Hausarzt, such´ Dir ggF. einen Psychotherapeuten (mit dem Du reden kannst, insbesondere, wenn es ´mal wieder heftiger wird) damit Du immer jemanden hast, mit dem Du reden kannst.
Die Ärzte haben zun einen Schweigepflicht und können Dir zum anderen möglicherweise durch ein "Krankheitsbild" den Weg zu einer "Legende" zeigen.

Gehe auf jedenfall Deinen Weg! Egal, was die Anderen sagen.

Und hier noch ein link, der Dich vielleicht etwas zu trösten vermag:

https://www.youtube.com/watch?v=8mSIPUHcgBQ

...die Textstelle bei 1:41 sagt alles.

LG
Z
Andy

Re: BIID und meine Eltern

Beitrag: # 15349Beitrag Andy »

Danke erstmal für eure Antworten!
Mein BIID-Leid ist nicht wie eine Plage, sondern eher wie eine Sehnsucht – ich glaube daran, dass ich eines Tages mein Ziel legal und ohne eigenes Schädigen erreichen werde. Das könnte ich aber meinen Eltern so nicht erzählen, und ich würde dann allen eine Legende erzählen, denn ich bin dann BIID-geheilt.
Schlappi
Beiträge: 17
Registriert: Mi 23. Sep 2015, 12:27
Wohnort: Region Bern-Thun

Re: BIID und meine Eltern

Beitrag: # 16248Beitrag Schlappi »

Hallo
Es ist einige Zeit vergangen. Wie ist der Stand der Dinge?

Wenn du dein Problem nicht lösen konntest, dann tut es mirleid für dich.

Lenke vieleicht bei einem Gespräch, nicht auf dich bezogen, auf Homosexualität. Wenn deine Eltern wieder sagen, dasss dies eine schreckliche Krankheit sei, dann antworte ihnen, dass dies eine Veranlagung sei und keine Krankheit.

Wenn die Wogen sich geglätet haben kannst du versuchen zu sagen, dass du die Veranlagung hast die ausgebrochen ist, Drang nach einem Leben im Rollstuhl zu sitzen.
Nach den Ausführungen deiner Eltern kannst du sagen:"Ja ich habe BIID".
Liebe Grüsse

Schlappi


Schön wäre es, wenn man so sein dürft, wie uns die Gefühle es zeigen.
Nanjo
Beiträge: 9
Registriert: Di 17. Jun 2014, 19:58

Re: BIID und meine Eltern

Beitrag: # 16553Beitrag Nanjo »

Hey Andy,

ich kann nur zu gut verstehen, dass du dich, gerade deinen Eltern gegenüber, öffnen und erzählen möchtest, dass du BIID hast. Ich fand es total doof, dass mein Vater starb, bevor ich ihm sagen konnte, dass ich schwul bin. Aber ich denke, dass BIID nochmal eine andere Hausnummer ist. Bedenke, dass es auch eine große Belastung für Eltern ist. Es folgt fast automatisch die Frage: "Was haben wir als Eltern falsch gemacht?" Nichts, natürlich. Bei Homosexualität ist es inzwischen einfacher. Aber auch das war ein weiter Weg für die Gesellschaft.

Natürlich bin ich froh, dass ich inzwischen offen schwul leben kann. Meine Sehnsucht nach einer Beinamputation verschweige ich aber. Und hoffe, dass es irgendwann mal soweit kommt. Wie auch immer. Dann ist es so und ich muss mich gar nicht als BIIDler guten. Feige? Ja, wahrscheinlich.

Liebe Grüße
Marco
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